Der Feensammler von Shino-Tenshi ================================================================================ Kapitel 12: ------------ Das Lachen der Kinder drang an Johns Ohr. Sie liefen um ihn herum und schienen ihn nicht wirklich wahr zu nehmen. Er ließ seinen Blick über die Erwachsenen schweifen. Die Meisten standen in kleinen Gruppen von bis zu vier Personen zusammen und unterhielten sich, während ihre Blicke immer wieder zu den spielenden Kindern glitten. Vereinzelte Eltern saßen auch auf den Bänken, lasen ein Buch oder spielten an ihrem Handy. Nichts außergewöhnliches. Wie bei jedem anderen Spielplatz auch. Ruhig lief er über den Platz und sah sich alles an. Ein Klettergerüst, Schaukeln, Wippe, Sandkasten, Trampolin, Affenschaukel, Seilrutsche und eine richtige Rutsche. So viel Auswahl gab es wirklich selten und die Kinder nutzten jedes angebotene Gerät. Der Boden war sauber. Nicht einmal eine Zigarettenkippe war zu finden. War jetzt wirklich die Stadtreinigung schon hier gewesen und hatte alle Beweise vernichtet? Wie viel Pech konnte ein Mensch nur haben? An so viele Dinge konnte dieser Mensch doch wirklich nicht denken, oder doch? Hatte er es mit einem ausgekochten Genie zu tun? John seufzte schwer und begann sich eher auf die Umgebung der Bänke zu konzentrieren, als man ihn plötzlich grob am Arm packte. „Hey, was schnüffelst du hier rum?“ Ein bulliger Kerl stand vor ihm. Sein Shirt spannte sich und seine dunklen Augen fixierten John bedingungslos. Das kurze Haar konnte jede dunkle Farbe haben. Durch die Stoppeln erkannte man es kaum und auch der Dreitagebart ließ  nur vermuten welche Farbe in seinem Genpol die Oberhand hatte. „Ich suche nach Beweisen.“ John wollte sich mit einem kräftigen Ruck aus der Umklammerung befreien, doch stattdessen wedelte er nur herum und der Griff wurde sogar noch ein wenig stärker. „Beweise für was? Wir wollen hier keine Fremden, verstanden? Drei Kinder sind genug. Verzieh dich oder zeig mir sofort dein Kind!“ Der Mann ließ nicht locker und John spürte, wie Zorn in ihm hochkochte. Waren wir jetzt schon bei Selbstjustiz angelangt, oder was? „Ich ermittle in dem Fall der vermissten Kinder. Also, lassen Sie mich bitte meine Arbeit machen.“ Er versuchte ruhig zu bleiben damit die Situation nicht eskalierte, doch der Griff wurde noch härter und begann schmerzhaft zu werden. „Wo ist dann deine Marke?“ „Hier.“ Sofort zog John sie von seinem Gürtel und hielt sie dem Kerl ins Gesicht. „Und jetzt seien Sie so gut und lassen mich meine Arbeit machen.“ Kaum hatte der Muskelmann das goldene Abzeichen gesehen, ließ er auch schon John los, hob entschuldigend die Arme und ging zwei Schritte zurück. „Oh, sorry, Mann. Ich wusste nicht, dass du wirklich zur Polizei gehörst. Wir... wir haben alle nur noch Angst um unsere Kinder. Bitte versteh das.“ „Kein Problem.“ John zupfte seine Kleidung zurecht und sah dann noch einmal auf den Mann. „Aber ist Ihnen vielleicht in den letzten Tagen ein anderer Fremder aufgefallen? Oder jemand ohne Kinder?“ „Wieso gehen Sie davon aus, dass er keine Kinder hat?“, mischte sich plötzlich eine schlanke Frau ein und trat auf sie zu. Ihr braunes Haar war von blonden Strähnen durchsetzt und ging ihr bis zur Taille. „Ein Kind ist doch das ideale Alibi für einen Spielplatz, oder nicht?“ „Unsere Profiler sind davon ausgegangen. Sein Handlungsradius ist zu groß dafür. Er ist zu mobil. Außerdem habe ich selbst meine Zweifel, dass ein Familienvater so viele Kinder entführt.“ John fühlte sich ein wenig bedrängt, als auch noch eine zweite Mutter dazu kam. „Wieso gehen Sie davon aus, dass es ein Mann ist?“ „Meine Profiler...“ „Ja, diese Antwort kennen wir schon. Sie verlassen sich auf die Angaben Ihrer Kollegen. Sehr lobenswert, aber auch eingeschränkt. Wenn Sie sich nur auf Männer konzentrieren, kann es sein, dass Ihnen die Täterin, die ganze Zeit vor der Nase herum tanzt und Sie sie nicht einmal bemerken.“ „Sollte man nicht in allen Richtungen ermitteln?“ „Genau, sonst könnte man etwas sehr wichtiges übersehen.“ „Dazu fehlen uns die Mittel. Ich gebe mein Bestes und bis jetzt haben sich unsere Profiler fast nie geirrt. Also, kann man ihnen durchaus vertrauen.“ „Fast nie?! Also lief es schon einmal schief!“ „Ja, alles läuft irgendwann mal schief! Aber wenn etwas hundertmal funktioniert und dann einmal versagt, sollte man die Methode ja nicht gleich in die Tonne treten.“ Warum diskutierte er hier überhaupt mit den Eltern? Das war doch so sinnlos! Er sollte lieber weiter nach Beweisen suchen! Ihm rannte doch die Zeit davon! „Sie geben Ihr Bestes? Ermitteln Sie alleine?“ „Zum größten Teil, ja.“ „Sind euch unsere Kinder so wenig wert!? Nur ein Bulle! Das ist ja lächerlich! Wie viele sind schon verschwunden?! Fünfzehn? Zwanzig? Und nur du ermittelst?! Das ist doch ein Scherz!“ Erneut war dort der feste Griff von dem Kerl, der John sogar kurz die Luft raubte, weil er so plötzlich kam und ihn an den Armen fixierte. „Wenn ich Hilfe brauche, dann kann ich auf Kollegen zurückgreifen, aber ich habe die Leitung über diesen Fall. Sie können mir vertrauen. Ich werde den Kerl schnappen und die Kinder finden.“ „Hah, das glauben Sie noch selber? Er tanzt Ihnen seit Monaten auf der Nase herum und Sie kommen keinen Schritt weiter. Was haben Sie bisher denn?“ „Das ist Ermittlungsgeheimnis und daher kann ich es Ihnen nicht sagen! Schließlich könnte jeder von Ihnen der Täter sein, wenn es  nach Ihnen ging.“ „Soll das ein Scherz sein?!“ Misstrauische Blicke wurden zwischen den drei Eltern ausgetauscht und John spürte, wie die Spannung sich langsam in Misstrauen umwandelte. Ohje, da hatte er das falsche gesagt. „Laut unseren Profilern fallen Sie aber aus dem Raster raus.“ Er versuchte noch die Wogen zu glätten, doch die Blicke blieben und von allen dreien kam nur ein Schnauben, als sie dann schon in unterschiedlichen Richtungen davon gingen. Mit einem Seufzen drehte sich John wieder um und begann die Gebüsche näher zu betrachten und auch bei der Bank irgendwas zu finden und tatsächlich. Hinter einem Fuß von einer der zwei Bänke lag so ein Bonbonpapier, wie er es schon von Markus bekommen hatte. Sofort holte er ein Plastiktütchen heraus, um es mit dessen Hilfe aufzuheben und zu verpacken. Vielleicht würden sie darauf Fingerabdrücke finden, die sie zu einem möglichen Täter führen könnten. Das hoffte John so sehr. Er brauchte endlich einen Erfolg. Einen richtigen Hinweis. Sein Boss wollte Ergebnisse sehen und die konnte er ihm damit endlich liefern. Er trat nicht mehr auf der Stelle. Scheinbar lockte der Kerl, die Kinder mit Süßigkeiten, die er sogar dabei hatte. Er ging mit dem Vorsatz ein Kind zu entführen auf den Spielplatz. Das ist alles geplant. Keine Impulshandlung und das machte ihn unheimlich gefährlich, aber erklärte auch, dass sie bis jetzt sonst nichts von ihm fanden. Denn er hatte es hier mit einem teuflischen Genie zu tun. Ein Schauer ergriff ihn, als ihm die Größe seines Feindes bewusst wurde, doch unter dieser Ehrfurcht entbrannte auch ein leidenschaftliches Inferno, denn er würde ihn schnappen und jeden noch so kleinen Fehler von ihm finden bis diese ihn endlich zu ihm führen werden. Er entkam ihm nicht. Niemals... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)